Das ZSJ hat mit Tobias Windbrake, Vorstandsmitglied der Elternbewegung „Smarter Start ab 14“, über die Angebote des Vereins gesprochen. Windbrake erläuterte, dass er als Wirtschaftsinformatiker und Vater früh wahrgenommen habe, wie ungeschützt Kinder im Internet unterwegs seien, auch weil bis heute keine verlässliche Altersverifikation existiere. Aus dieser Beobachtung heraus entstand die Initiative, die mittlerweile bundesweit Familien und Schulen vernetzt. An über 1600 Schulen gibt es lokale Gruppen, in denen sich Eltern austauschen, wie man bewusst und gesund mit digitalen Bildschirmmedien umgehen sollte.
Zu den Gründen, warum „Smarter Start ab 14“ das Einstiegsalter von 14 Jahren empfiehlt, verweist Windbrake auf Einschätzungen aus der Kinder- und Jugendmedizin. Rund um das 14. Lebensjahr entwickeln Jugendliche die Fähigkeit, Risiken wie Gruppendruck, Social-Media-Dynamiken und Datenschutzfragen besser einzuordnen. Es gehe dabei nicht um Verbote, sondern um eine bewusst gestaltete Übergangsphase, in der Kinder digitale Angebote zunächst begleitet nutzen, beispielsweise über ein gemeinsames Gerät oder ein „Familientablet“.
Im Gespräch wies er darauf hin, dass frühe Smartphone-Nutzung im schulischen Alltag besondere Herausforderungen mit sich brächten. Smartphones „bringen das gesamte Privatleben der Kinder mit ins Klassenzimmer“ und verstärkten Ablenkung, Konflikte in Klassenchats und unmoderierte Inhalte. Aus seiner Sicht benötigten Schulen klare Regelungen, geschützte Lernumgebungen und möglichst schulische Endgeräte statt privater BYOD-Lösungen, um Chancengleichheit zu sichern. Zur Rolle der Eltern betont Windbrake, dass bereits eine Teilgruppe von Familien, die sich innerhalb einer Klasse auf gemeinsame Regeln verständigten, sozialen Druck deutlich reduzieren könne. Die Initiative versteht sich hier als Unterstützungs- und Austauschangebot.
Windbrake plädiert für klare, einheitliche Rahmenbedingungen, wonach einheitliche Grundregeln mit begründeten Ausnahmen sinnvoll seien. Flickenteppiche würden allerdings zu Unsicherheit führen und das für Schulen, Eltern und Kinder gleichermaßen.
Gerade diese Überlegung greift auch eine weitere aktuelle Debatte auf, die über den Smartphone-Einstieg hinausgeht und die Nutzung digitaler Räume insgesamt in den Blick nimmt: Social Media ab 16. Die aktuelle Diskussion über ein mögliches Social-Media-Mindestalter von 16 Jahren bewertet Windbrake als konsequente Ergänzung. Viele Mechanismen großer Plattformen, wie algorithmische Verstärkung oder Vergleichsdynamiken, seien für jüngere Kinder besonders belastend. Seine zentrale Botschaft lautet: „Befähigung und Schutz sind die Voraussetzungen für sichere digitale Teilhabe. Medienkompetenz entsteht nicht durch frühe Nutzung, sondern durch medienkompetente Eltern und Lehrkräfte.“
Social Media ab 16. Der aktuelle Diskurs
Neben der Frage des passenden Einstiegsalters für ein eigenes Smartphone wird derzeit intensiv diskutiert, ob Social-Media-Plattformen erst ab 16 Jahren genutzt werden sollten. Studien und Einschätzungen, u. a. der Leopoldina, verweisen darauf, dass jüngere Jugendliche besonders anfällig für algorithmische Verstärkungsmechanismen, sozialen Vergleichsdruck und unmoderierte Inhalte sind.
International setzen bereits Länder wie Australien auf ein Mindestalter von 16 Jahren und verpflichten Plattformen zur Altersverifikation. Das EU-Parlament hat aktuell eine Initiative beschlossen, die die EU-Kommission auffordert, nach diesem Vorbild auch einen Gesetzesvorschlag für Europa zu entwickeln. Konkret soll dieser ein Verbot von Social-Media-Plattformen sowie für KI-Apps für alle unter 13 Jahren beinhalten. Jugendliche im Alter zwischen 13 und 16 Jahren sollen die Netzwerke nur mit Zustimmung der Eltern nutzen können.
In Deutschland untersucht die von Bundesfamilienministerin Karin Prien eingesetzte Expertenkommission welche politischen Maßnahmen ergriffen werden können und sollen. Das Gremium soll bis zum Sommer 2026 Empfehlungen erarbeiten.
Eine laufende Petition im Deutschen Bundestag hat die Verbotsdebatte in die öffentliche Anhörung des Petitionsausschusses gebracht. Ziel der Initiatorinnen und Initiatoren ist es, Kinder und Jugendliche besser vor den Risiken kommerzieller Social-Media-Plattformen zu schützen und Verantwortung stärker bei den Anbietern zu verankern und somit nicht bei Familien allein.
Der Petitionsausschuss betonte in der Sitzung, dass die bestehenden Instrumente des Jugendmedienschutzes nicht mehr ausreichen, um Minderjährige wirksam vor algorithmisch erzeugten Risiken, manipulativen Inhalten und unmoderierten Kommunikationsräumen zu schützen. Gefordert werden u. a. verbindliche Altersverifikationssysteme, strengere Kontrollen und klare gesetzliche Vorgaben für Plattformen.
Diese breite Diskussion zeigt, dass es beim Thema Social Media nicht allein um familiäre Entscheidungen geht, sondern zunehmend um eine gesamtgesellschaftliche und politische Verantwortung.